Es klafft in der Welt - Wilfried Schulz
Wilfried Schulz ist ein Mann, der die alte Schule pflegt. Wenn er eingeladen ist, bringt er ein Geschenk mit. So war das auch bei den Düsseldorfer Jonges. Der immer für Überraschungen gute Generalintendant des Schauspielhauses präsentierte mit Hanna Werth und André Kaczmarczyk zwei Ensemblemitglieder, die mit ein bisschen Weill (Dreigroschenoper), Armstrong, Fitzgerald und gegen „dröge Worte“ ansangen. Das „dröge“ bezog Schulz, der mitunter mit sich selbst kokettiert, auf sich selbst. So, als müsste er, der Theatermann, seine Zuhörer mit Musik vor dem Einschlafen bewahren. Das brauchte er im Henkel-Saal (Altstadt) aber nicht. Vielmehr hatten auch Bürgermeister Friedrich Conzen und Kulturdezernent Hans-Georg Lohe den Eindruck, Schulz habe mit seinem Verständnis von Theaterleben unter den 300 Zuhörern neue Freunde gewonnen. Sein Appell an die Verantwortlichen von Land und Stadt, den beiden Gesellschaftern des Schauspielhauses, das sanierungsbedürftige Schauspielhaus bis 2020 wiederherzurichten, stieß auf großen Beifall. Der gerade 65 Jahre alte „General“ nahm seine Zuhörer mit in die Antike, wo Theater in seinen Anfängen der Verhandlungsort für alle Dinge war, die in der Gesellschaft diskutiert wurden. Auch über Schuld und Verantwortung. Das Theater als gemeinsamer Ort: Dieser Philosophie folgt auch Schulz, der in einer ersten Spielzeit schon mit seinem Programm belegbaren Erfolg hat – nicht zuletzt bei jungen Leuten. Das Schauspiel ist plötzlich wieder Magnet, die Besucherzahlen gehen ziemlich steil nach oben. Schulz ist überzeugt: In einer bewegten Welt, in der Hass, Egoismen. Gewalt zur Erosion der demokratischen Grundfesten führen, kann das Theater selbst bewegen und „Kitt“ sein. Wenn es die Werte der Antike nicht aus den Augen verliert, wenn es die Freiheit hat, zu experimentieren und dabei gegebenenfalls auch mal zu scheitern. Die Kunst, so Schulz, müsse abenteuerliche Grenzgängerin sein, wenn sie Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in einem betrachte. Und dabei jedem einzelnen Besucher zeige, dass es möglich und notwendig ist, das eigene Schicksal zu lenken und sich ihm nicht etwa zu ergeben. Das zu erreichen, müsse den Gesamtetat des Theaters von 25 Millionen Euro jährlich wert sein, folgerte der Intendant. Er erhofft sich ein Haus, das in seiner Präsenz mitten in der Stadt dem Anspruch, ein Mittelpunkt von Auseinandersetzung zu sein, gerecht wird.