Der Jesöffschlepper in Bronze
Auf der To-do-Liste eines Touristen steht hinter dem Namen Köbes ein Fragezeichen. Köbes, ein komisches Wort. Rätselhaft. Dass sich dahinter ein Kellner verstecken könnte und dass der sich früher mal um die Jakobspilger gekümmert hat, da kommt man so ohne weiteres nicht drauf. Auf der Suche nach rheinischen Originalen findet ein Tourist den legendären Mann mit der Leinenschürze und der ledernen Geldtasche meist dort, wo sich Himmel en Ääd begegnen. In Brauhäusern vor allem. Schon seit dem 19. Jahrhundert. Jetzt kann man ihn mit Biertablett auch auf freier Wildbahn sehen. Als Bronze-Denkmal. 2,20 Meter hoch, auf einem 60 Zentimeter hohen Basaltsockel, 800 Kilo schwer steht er an der Zollstrasse, neben dem Rathaus auf dem Grundstück der Gaststätte „En de Canon“. Auf Privatgelände also, das Canon-Chef Herbert Engist zur Verfügung gestellt hat. Trinkgeld nimmt der Köbes, den Autor Jens Prüss einen Jesöffschlepper nennt, dort nicht.
Bei der Einweihung herrschte ganz schöner Betrieb. Mehr als 100 Gäste. Die Stadt war durch Bürgermeister Josef Hinkel vertreten. Natürlich war Bildhauer Peter Rübsam da, der dem Köbes seinen eigenen Mund überlassen und dem Kopf Charakter gegeben hat. Kunstgießer Rolf Kayser – er hat den Köbes zum Denkmal gemacht – ist so stolz wie Rübsam. Ohne die Finanziers Haubrich- und Schmöle-Stiftung hätte es dieses Denkmal nicht gegeben. Jetzt ist es sogar in klein zu haben: limitiert und für 1800 Euro.
Ja, man kann ihn erkennen, den Köbes. Dominant sei er bisweilen, wird erzählt. Oh Wunder jedoch: Oft wird er dennoch zum Freund des Zechers, dem er im Zweifel sagt: „Schluss jetzt, du hast genug.“ Er sagt’s notfalls vielsprachig. Widerspruch zwecklos.
Dem Jonges-Baas Wolfgang Rolshoven wird nachgesagt, er sei ein zäher Hund. Das klingt despektierlich oder sogar strafbewehrt, ist aber durch die rheinische Brille gesehen wohl eher Ausdruck des Respekts. Keine Frage: Ohne den Baas gäbe es keinen Köbes in der Altstadt. Punkt.
Neben der Mutter Eye, die auf dem Ey-Platz in der Altstadt steht, ist der Köbes inzwischen das zweite Denkmal, das dem Dschungel behördlicher Zuständigkeiten entkommen ist. Beide stehen auf privatem Grund. Ein Denkmal im öffentlichen Raum muss sich nämlich dem Votum von allerlei Kommissionen stellen. Über beschwerliche Behördenwege musste vor Jahren schon der Künstler Anatol gehen. Entnervt ging er am Ende mit seinem Beuys-Kopf nach Meerbusch. In Düsseldorf war das Kunstwerk nicht willkommen.
Auf privatem Grund stehen die Dinge anders. Da sind Kulturpolitiker und Kulturbeamte nur Zaungäste. Dass sie, weil machtlos, nun grimmig zusehen, wird zwar behauptet, ist aber nicht belegt. In der Chronik heißt es, SPD und Grüne hätten das Projekt im Kulturausschuss abgelehnt.
Seit 2016 bereits arbeitet Rolshoven am Thema. Nicht ausschließlich hat die lange Durststrecke mit dem Rathaus-Personal zu tun. Erst ging eine zugesagte Finanzierung zu Bruch, dann waren die auserkorenen Standplätze Bolker Stern und Burgplatz plötzlich keine Option mehr. Bildhauer Rübsam sah seinen Entwurf damals schon in der Abstellkammer.
Nun ist doch noch alles gut geworden. Hinkel gab zu Protokoll, er sei sehr glücklich. Und bat zugleich um Nachsicht für Politiker. Gute Bäume wüchsen halt langsam.
Düsseldorfs Stadtführer haben an der Zollstraße jetzt einen neuen Haltepunkt. Widmen werden sie sich der bedeutsamen Frage, ob sich ein Köbes eher in Köln oder Düsseldorf heimisch fühle. Notfalls sogar in Krefeld. Wer keine Führung gebucht hat, geht nicht leer aus. Die Jonges werden alle 92 gestifteten Denkmäler mit QR-Codes ausrüsten. Der Köbes ist der erste.
Autor: Ludolf Schulte